Arbeitszeugnis: Geheimcodes schnell entschlüsseln

Welche Formulierungen stehen für gute bis sehr gute Leistungen und welche Beurteilungen wirken nur so? Wir entschlüsseln die Geheimcodes und sagen Ihnen, was Ihr IT Arbeitszeugnis wirklich aussagt.

Ihr Arbeitszeugnis ist ausgesprochen wichtig bei der Jobsuche

Arbeitszeugnisse sind ein unverzichtbarer Bestandteil Ihrer Bewerbungsunterlagen. Sie reflektieren nicht nur Ihre fachlichen Qualifikationen und beruflichen Leistungen, sondern unter anderem auch Ihre Soft Skills und Teamfähigkeit. Die Formulierung Ihres Arbeitszeugnisses ist daher entscheidend, wie Sie bei einem Personalverantwortlichen wahrgenommen werden.

Allerdings kann es eine kleine Kunst sein, die Leistungsbeurteilungen korrekt zu lesen und zu interpretieren. Wir erklären Ihnen hier, wie „gute“ und „sehr gute“ Leistungen ausgedrückt werden und geben Einblick in die Bedeutung versteckter Codes. 
 

Key Facts Arbeitszeugnis

Jeder Arbeitnehmer hat beim Ausscheiden aus einem Unternehmen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dieses enthält Angaben über Art und Dauer einer Tätigkeit sowie eine Beurteilung der Leistung und des Sozialverhaltens.

Die Formulierungen in Arbeitszeugnissen folgen oft einem standardisierten Schema. So beschreibt zum Beispiel „stets zur vollen Zufriedenheit“ eine sehr gute Leistung, während „zur vollen Zufriedenheit“ einer Bewertung „gut“ entspricht. Sie merken: Selbst kleine Unterschiede sind entscheidend für die richtige Interpretation Ihres Arbeitszeugnisses.

Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, dass Arbeitszeugnisse wohlwollend formuliert sein müssen und keine Formulierungen enthalten dürfen, die sich negativ auf Ihre weitere berufliche Laufbahn auswirken könnten. Im Laufe der Zeit hat sich jedoch eine Art „Geheimcode“ entwickelt, mit dem Arbeitgeber ihre Beurteilung verschlüsseln. Wenn Sie diese Codes verstehen, können Sie viel darüber erfahren, wie Ihr aktueller oder letzter Arbeitgeber Ihre Leistungen wirklich einschätzt.
 

Warum Sie zwischen den Zeilen lesen müssen

Wenn Sie Ihr Arbeitszeugnis richtig verstehen wollen, müssen Sie die Kunst beherrschen, zwischen den Zeilen zu lesen. Damit können Sie die Geheimklauseln bzw. Geheimcodes entschlüsseln. Das sind auf den ersten Blick harmlos erscheinende Formulierungen, die jedoch eine spezifische, oft subtil kritische Bewertung transportieren. 

Ein klassisches Beispiel für eine Geheimklausel ist die Formulierung: „Er hat sich bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen“. Der Satz mag oberflächlich betrachtet positiv klingen, deutet aber auf eine lediglich ausreichende Leistung hin, da das Bemühen und nicht das Ergebnis im Vordergrund steht. 

Ein weiteres Beispiel ist die Erwähnung, dass jemand „mit seinen Vorgesetzten gut zurechtgekommen ist“. Dieser Code kann implizieren, dass das Verhältnis zur Führungskraft in Ordnung war, es jedoch mit Kollegen oder Kunden Schwierigkeiten gab.

Für Sie als IT Fachkraft ist es entscheidend, auf Formulierungen zu achten, die ihre technischen Fähigkeiten oder Projektbeiträge beschreiben. Phrasen wie „hat neue Technologien nach Anleitung eingeführt“ könnten darauf hindeuten, dass eigenständige Innovationen oder selbständiges Arbeiten nicht zu Ihren Stärken gehören. Im Gegensatz dazu signalisiert eine Formulierung wie „hat maßgeblich zur Optimierung von Prozessen beigetragen“ ein hohes Maß an Fachkompetenz und Eigeninitiative.

Das bedeutet: Das Verständnis und die korrekte Interpretation der Geheimcodes ermöglichen es Ihnen, ein präziseres Bild Ihrer beruflichen Bewertung zu erhalten. Sie lernen, die subtilen Nuancen zu erkennen, die über Ihre fachlichen und sozialen Kompetenzen in einem Arbeitszeugnis kommuniziert werden. 
 

„Gute“ und „sehr gute“ Formulierungen bei IT Fachkräften: Beispiele

In der IT-Branche zeichnen sich Arbeitszeugnisse durch spezifische Formulierungen aus, die die einzigartigen Fähigkeiten und Beiträge der (ehemaligen) Mitarbeiter hervorheben. Eine präzise und aussagekräftige Beschreibung Ihrer Hard Skills und Soft Skills ist somit entscheidend.

Hier sind zehn Beispiele, die eine gute bis sehr gute Bewertung widerspiegeln:
 

Formulierung

Beurteilung

„Verfügt über herausragende technische Fähigkeiten und war stets in der Lage, komplexe Probleme effizient zu lösen.“

Hohe technische Kompetenz

„Seine/ihre Programmierfähigkeiten waren außergewöhnlich und stets auf dem neuesten Stand der Technik.“

Hervorragende Programmierkenntnisse

„Hat mit großer Eigeninitiative innovative Lösungen entwickelt, die maßgeblich zur Optimierung unserer IT Prozesse beigetragen haben.“

Hohe Innovationskraft

„Führte IT Projekte mit außerordentlicher Kompetenz und Effizienz, wobei die Projekte stets termingerecht und im Rahmen des Budgets abgeschlossen wurden.“

Hervorragendes Projektmanagement

„War ein geschätztes Mitglied des Teams, dessen Beiträge die Produktivität merklich steigerten.“

Sehr gute Teamfähigkeit

„Hat die herausragende Fähigkeit, komplexe IT-Konzepte verständlich zu vermitteln, was wesentlich zur Weiterbildung des Teams beitrug.“

Erstklassige Wissensvermittlung

„Zeichnete sich durch exzellente analytische Fähigkeiten aus, mit denen er/sie zur Lösung komplexer technischer Herausforderungen beitrug.“

1A analytische Fähigkeiten

„Demonstrierte eine beeindruckende Fähigkeit, sich rasch neue Technologien anzueignen und effektiv in bestehende und neue Projekte einzubringen.“

Sehr hohe Anpassungsfähigkeit

„Arbeitete hochgradig selbständig und zeigte eine bemerkenswerte Initiative bei der Einführung neuer Technologien und Verfahren.“

Top in Sachen „Eigeninitiative“

„Übernahm verantwortungsvolle Aufgaben, die er/sie stets mit höchster Zuverlässigkeit und Genauigkeit zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllte.“

Hohes Verantwortungsbewusstsein


Zusammenfassung: Wie Sie Ihr Arbeitszeugnis bewerten können

Ihr Arbeitszeugnis besteht nicht nur aus den Sätzen, in denen Ihre Leistungen bewertet werden. Betrachten Sie alle Bestandteile, die am Ende ein positives Gesamtbild ergeben sollten. Gehen Sie dafür diese Schritte durch:
 

Auf Vollständigkeit achten
Stellen Sie sicher, dass Ihr Arbeitszeugnis alle wesentlichen Elemente enthält: Angaben zur Person, Dauer der Beschäftigung, Beschreibung der Tätigkeit, Leistungsbeurteilung, Verhaltensbeurteilung und den Grund des Ausscheidens.
 

Professionalität und Objektivität
Ein Arbeitszeugnis sollte professionell und objektiv wirken. Übertriebene Lobhudeleien oder auffällige persönliche Noten können die Glaubwürdigkeit des Zeugnisses untergraben.
 

Kontext berücksichtigen
Die Bewertung in einem Arbeitszeugnis muss immer im Kontext der gesamten Berufserfahrung und der spezifischen Anforderungen der IT-Branche betrachtet werden. Was in einem Bereich als exzellent gilt, mag in einem anderen Standard sein.
 

Formulierungen genau prüfen
Achten Sie auf die Nuancen der Sprache. Formulierungen wie „zu unserer Zufriedenheit“ und „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ wirken sehr ähnlich. Kleinste Abweichungen können die Bewertung signifikant beeinflussen.
 

Zwischen den Zeilen lesen
Seien Sie aufmerksam für das, was nicht gesagt wird. Das Fehlen von Aussagen zu bestimmten Kompetenzen oder Leistungsbereichen kann ebenso aufschlussreich sein wie das Erwähnen der Aspekte.
 

Technische Fähigkeiten und Projekterfolge
Achten Sie ebenso darauf, wie Ihre technischen Kompetenzen und Beiträge zu Projekten dargestellt werden. Aussagen zu Eigeninitiative, Innovationskraft und zur erfolgreichen Umsetzung von Projekten sollten klar hervorgehoben sein.
 

Schlechte Beurteilung im Arbeitszeugnis: Das können Sie dagegen tun

Sind Sie auf unpassende oder schlechte Bewertungen in Ihrem Arbeitszeugnis gestoßen? Dann gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können, um eine faire und angemessene Darstellung Ihrer Leistungen und Fähigkeiten zu erreichen. 

Suchen Sie zunächst das direkte Gespräch mit Ihrem aktuellen oder ehemaligen Arbeitgeber. In einem professionellen und sachlichen Gespräch können Sie Ihre Bedenken äußern und um eine Überarbeitung des Zeugnisses bitten. Unterbreiten Sie konkrete Änderungsvorschläge und begründen Sie, warum bestimmte Formulierungen oder Auslassungen nicht Ihren tatsächlichen Leistungen oder Ihrem Verhalten entsprechen.

Wenn ein direktes Gespräch nicht zum gewünschten Ergebnis führt, haben Sie als Arbeitnehmer in vielen Ländern einen gesetzlichen Anspruch auf ein korrektes und wohlwollendes Arbeitszeugnis, das Ihren tatsächlichen Leistungen entspricht. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt zu konsultieren, um Ihre Rechte zu verstehen und durchzusetzen. Der Anwalt kann Sie über die nächsten Schritte beraten, die von einem formellen Antrag auf Korrektur des Zeugnisses bis hin zur Einleitung gerichtlicher Schritte reichen können.

Es ist wichtig, aktiv zu werden und nicht zuzulassen, dass sich unrichtige Beurteilungen negativ auf Ihre zukünftigen Berufschancen auswirken. Mit einem proaktiven Ansatz und gegebenenfalls rechtlicher Unterstützung können Sie sicherstellen, dass Ihr Arbeitszeugnis Ihre beruflichen Leistungen fair und positiv widerspiegelt. Denn ein präzises und gerechtes Arbeitszeugnis ist nicht nur ein Beleg Ihrer Vergangenheit, sondern auch ein Schlüssel zu neuen beruflichen Möglichkeiten. Dementsprechend sollten Sie darauf achten, dass Sie ein ordentliches und faires Arbeitszeugnis erhalten.
 

Fazit

Lesen Sie Ihr Arbeitszeugnis genau durch. Versuchen Sie, zwischen den Zeilen zu lesen und die Geheimcodes zu entschlüsseln. Vielleicht ist die Beurteilung am Ende gar nicht so gut, wie sie auf den ersten Blick wirkt.

Wenn Sie mit Ihrer Leistungsbeurteilung oder der Bewertung Ihrer Kompetenzen nicht zufrieden sind, müssen Sie dies nicht hinnehmen. Wenden Sie sich an den Aussteller des Arbeitszeugnisses und besprechen Sie mit ihm die kritischen Punkte. Wenn Sie freundlich, aber bestimmt vorgehen, haben Sie gute Chancen, ein Zeugnis zu erhalten, das Ihre Fähigkeiten und Ihren Einsatz objektiv wiedergibt.

Bilder: Adobe Stock